Im Fokus

Begeisterung & Eigenständigkeit

Neben einem Schweinestall besitzt Andreas Kurmann aus Willisau noch einen anderen Stall, einen Rennstall nämlich, genauer gesagt das «Strüby Sting» Biketeam. Über seine Erfolgsrezepte als Teamchef und als Schweineproduzent ist er dem Egli Fokus Red und Antwort gestanden.

21. Mai 2023

Egli Fokus: Wie kommt man als Schweinehalter dazu, ein Bike­team aufzubauen?

Andreas Kurmann: Ich war und bin immer noch ein begeisterter Sportler, der den Wettkampf liebt. Als Kind bin ich viel gelaufen und konnte mich als Kunstturner im TV Willisau ausbilden lassen. Mit 17 entdeckte ich den Langlauf und das Motocrossfahren. Ich fokussierte mich dann mehr auf Langlauf, wurde mehrmals Divisionsmeister mit der Patrouille und als Einzelwettkämpfer der Grenadier-Kompanie 19. Zum Mountainbike brachte mich mein Sohn Andreas. Als Zehnjähriger wollte er an einem Schüler- Bikerennen starten. So hat alles angefangen. Später starteten drei meiner Söhne fast jeden Sonntag an einem Swiss Kids Cup. 2004 habe ich das Berufstrainerdiplom abgeschlossen und gründete 2005 das erste Regionalkader der Schweiz. 2010 wurde daraus das UCI Mountainbiketeam, das ich aktuell als «Strüby Sting» gemeldet habe.


Seit mittlerweile 20 Jahren bist du in der Mountainbikewelt zu Hause. Dabei hast du auch bereits vier Nachwuchs-Weltmeisterinnen hervorgebracht. Was sind deine Motivation und dein Erfolgsrezept als Trainer und Teamchef?


Das Erfolgsrezept und zugleich meine Motivation sind, meinen Fahrerinnen und Fahrern das bestmögliche Umfeld zu bieten, ein zielführendes, individuell angepasstes Training zu planen und Topmaterial bereitzustellen, um am Ende Erfolge zu feiern.


Wie sieht dein aktuelles Team aus?


Diese Saison habe ich mich entschieden, neben den Elitefahrern Paula Gorycka, aktuell polnische Meisterin, und Jeremias Marti aus Gettnau auch wieder den Nachwuchs zu fördern. Mit Jade Birchler (U19), Gianmarco Greuter (U15) und Vivien Greuter (U13) habe ich neu drei topmotivierte Fahrer im Team. Zudem starten wir als Biketeam «Strüby Sting» mit unserer eigenen Bikemarke Sting.


Du hast eine eigene Bikemarke entwickelt?


Ja, ich habe verschiedene Rahmen auf dem Weltmarkt eingekauft und getestet und habe nun den besten gefunden. Der Fokus lag dabei auf möglichst niedrigem Gewicht, gute Steifigkeit und einer Geometrie, die das Fahren im steilen Gelände nach unten sicherer und leichter macht.


Welche Rolle spielt die Ernährung hierbei?


Die Ernährung ist ein entscheidender Faktor. Während der Vorbereitungsphase, wenn viel und intensiv trainiert wird, sind genügend tierische Proteine wichtig. Geeignet sind: Schweinefleisch (fettarme Stücke), Geflügel und ab und zu Fisch. Im Fleisch und Fisch sind wichtige Makro- und Mikroelemente enthalten, die ein Athlet braucht. Für die Zufuhr von Kohlenhydraten achten wir auf frische, möglichst nicht industriell verarbeitete Kartoffeln, Reis, Haferflocken, Teigwaren und Ruchbrot. Beim Gemüse verwenden wir ebenfalls frisches und unverarbeitetes Saisongemüse. Früchte dürfen gegessen werden, was das Herz begehrt. Für die Flüssigkeitszufuhr verzichten wir auf gesüsste Getränke. Ab und zu darf es auch ein wenig Alkohol sein, aber nur in kleinen Mengen.

Vor einem Rennen nehmen die Sportlerinnen und Sportler bis einen Tag vorher normale Kost zu sich. Am Abend vorher essen sie viel Kohlenhydrate (z. B. Nudeln) und weniger Fleisch und Gemüse als sonst. Wir vermeiden schwer verdauliche Nahrungsmittel. Zum Zmorgen gibts Müesli und Kaffee, während dem Rennen gibt es isotonische Getränke und energiereiche Gels.

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Immer öfters berichten Athleten verschiedener Sportarten, dass sie sich vegetarisch oder vegan ernähren. Was sind deine Erfahrungen?

Meine Erfahrung zeigt: Um Leistung zu bringen, ist weder eine vegetarische noch eine vegane Ernährung angezeigt. In der menschlichen Evolution hat sich der Homo sapiens sprunghaft entwickelt, als er endlich in der Lage war, Fleisch zu essen. Ausgewogene und frische Lebensmittel essen ist das Grundrezept.


Das Biken begleitet dich schon lange, und mit deinem Team durftest du bereits viele Erfolge feiern. Auch auf deinem Betrieb zu Hause konntest du dich immer weiterentwickeln. Welche Parallelen und Gemeinsamkeiten und allenfalls Unterschiede gibt es bei den beiden Tätigkeiten?

Parallelen und Gemeinsamkeiten gibt es viele: Sowohl als Landwirt wie auch als Teamchef braucht es Stehvermögen, Voraussicht, Engagement und Freude an der Sache. Stehen Entscheidungen an, braucht es Mut zum Risiko und Investitionsfreudigkeit; Rückschläge gibt es immer, diese muss man wegstecken können. Als Coach habe ich zusätzlich die Verantwortung über die Teammitglieder. Wichtig sind gute Menschenkenntnisse, die Fähigkeit als Motivator sowie Durchsetzungsvermögen. Wichtig sind in allen Lebenssituationen die Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit.


Was meinst du genau mit Unabhän­gigkeit und Entscheidungsfreiheit?


Als Unternehmer, das bin ich sowohl als Schweineproduzent sowie auch als Teamchef, soll man sich nur so weit binden, dass man immer frei ist in seinen Entscheidungen. Ich muss entscheiden können, was für mich stimmt und was nicht. Beim Sport kann beispielsweise die Abhängigkeit von einem Sponsor die Entscheidungsfreiheit einschränken, als Schweineproduzent die Lohnmast. Ich bin immer gut gefahren, unabhängig zu sein. Dazu kommt, dass die Lohnmast zu Marktverzerrung führt, wie die Gegenwart zeigt. Ich schätze es sehr, dass die Egli-Mühlen AG bei der Lohnmast nicht mitmacht.


Vor gut einem Jahr hast du den Betrieb an deinen Sohn übergeben. Somit hast du vermehrt Zeit, dich deinem Hobby zu widmen. Wie ist die Hofübergabe an deinen Sohn verlaufen?


Die Hofübergabe ist gut verlaufen. Mein Sohn und ich sind zusammengesessen und haben pragmatisch verhandelt. Am Ende ist eine Win-win-Lösung entstanden. Die Mastschweine betreue ich vorläufig noch in Eigenverantwortung, aber als Angestellter. So kann ich meinem Sohn Andreas einen Teil seiner Belastung und Verantwortung abnehmen und ich habe noch Einkommen.


Welche Ziele möchtest du noch erreichen (Sport, privat, neue Projekte)?


Meine Ziele sind: gesund bleiben und weiterhin motiviert sein, um mit meinem Team Gas zu geben. Mit Paula Gorycka möchte ich die Qualifikation für Olympia 2024 in Paris schaffen. Weiter will ich meine Immobilien ausbauen und Zeit mit meinen Grosskindern verbringen.


Andreas, herzlichen Dank für das offene Gespräch. Wir wünschen dir alles Gute und hoffen, dass du deine Ziele – sportlich und privat – erreichst.

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Vor mehr als 20 Jahren begleitete der Willisauer Andreas Kurmann seine Söhne zu Mountainbikerennen. Aus dem Hobbybetreuer ist ein erfolgreicher Rennstallbesitzer geworden. 2023 nimmt er seine 14. Saison als Teamverantwortlicher in Angriff. Seinen Landwirtschaftsbetrieb hat der 66-Jährige 2022 an seinen Sohn Andreas übergeben.

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