Im Fokus

Der Kluge transportiert mit dem Zuge

Rohstofftransporte per Bahn haben bei der Egli-Mühlen AG Tradition. Doch der Wechsel von brasilianischem zu europäischem Sojaschrot stellte Ruedi Zimmermann, Verantwortlicher für den Einkauf bei der Egli-Mühlen AG, vor grosse Heraus­forderungen in der Logistik. Glücklicherweise verfügt er nicht nur über ein gutes Netzwerk, sondern auch über viel Beharrlichkeit.

19. Nov. 2024

Montag, 21. Oktober 2024, frühmorgens bei der Egli-Mühlen AG in Nebikon. Egli-Silochef Hanspeter Häfliger hat gerade zehn mit je 60 Tonnen Sojaschrot voll beladene Bahnwaggons mit der firmeneigenen elektrischen Rangierlok in den überdachten Entlade­bereich gebracht. Einer nach dem anderen wird nun entladen; bis am Abend gelangen so 600 Tonnen Sojaschrot ins Egli-Rohstofflager. Das SBB-Rangierteam Zofingen hatte diese zehn Waggons am Samstag auf das Gütergleis im Bahnhof Nebikon abgestellt. Weitere zehn volle Waggons warten noch im Bahnhof Zofingen auf den Weitertransport zur Egli-Mühlen AG. Sie werden in der Nacht auf Dienstag im Austausch mit den geleerten Waggons nach Nebikon transportiert. Sind auch diese entladen, werden sie zusammen mit den anderen zehn bereits leeren Waggons im Bahnhof Zofingen abgestellt und warten dort auf ihren nächsten Einsatz für die Egli-Mühlen AG. Denn die Egli-Rohstofftransporte mit den sogenannten «Ganz-Zugkompositionen» starten immer in Zofingen.


Von Zofingen nach Italien und zurück nach Nebikon


Für besagten Sojaschrottransport wurden die Wagen von SBB Cargo am Montag, 14. Oktober 2024, auf die Reise Richtung Italien zum Ölwerk der Firma Cereal Docks geschickt. Der Fahrplan für die Fahrt hin und zurück ist eng und muss genau eingehalten werden, damit alles rundläuft. Gar nicht so einfach, wie wir später sehen werden. Erste Station ist der Güterbahnhof in Chiasso TI. Hier beim Grenzübergang muss die Lokomotive gewechselt werden von der Schweizer SBB-Lok zur italienischen von Mercitalia Rail. Da darf keine Zeit verloren gehen. Einerseits, weil der Platz in Chiasso beschränkt ist und sonst «Standgebühren» für die Wag­gons fällig werden, andererseits, weil die Waggons bis Dienstagabend beim Ölwerk eintreffen müssen, denn am Mittwochmorgen startet das Beladen. Bis Freitagmittag sind dann alle Wagen voll beladen und bereit für die Rückfahrt nach Nebikon.

Auf dem Rückweg wird in ­Chiasso wieder die Lokomotive gewechselt. Abfahrt mit der Schweizer SBB-Lok in Chiasso ist am Freitagabend um 22 Uhr, und der Zug trifft dann, wenn alles nach Fahrplan läuft, am Samstagvormittag um zirka 10.30 Uhr in Zofingen ein. Wie bereits erwähnt, wird der Zug dann geteilt und die ersten Wagen bereits am Samstag in Nebikon abgestellt.

Egli-Mitarbeiter Hanspeter Häfliger beim Rangieren mit der ferngesteuerten, akkubetriebenen Lok.
SBB beim Rangieren.

Grenzüberschreitender Bahnverkehr ist kompliziert

So weit, so gut. Doch bis der Transfer der Wagen von Zofingen zum Werk Cereal Docks und zurück nach Nebikon tatsächlich wie gewünscht funktio­nierte, mussten einige Stolpersteine von den Schienen gerollt werden, und es brauchte viel Beharrlichkeit von ­Ruedi Zimmermann. Ruedi Zimmermann ist bei der Egli-Mühlen AG für den Waren­einkauf und somit auch für den Transport verantwortlich.

Mit Bahntransporten hat die Egli-­Mühlen AG viel Erfahrung, seit Jahren schon wurde Sojaschrot von Basel nach Nebikon per Bahn transportiert (siehe auch Kasten). Brasilianisches Soja gelangte mit dem Schiff via Rotterdam nach Basel und mit der Bahn nach Nebikon. Mit dem Wechsel von brasilianischem zu europäischem Soja aus Italien 2022 musste der Transport neu überdacht werden. Erste Versuche mit LKW-Transport von Italien nach Nebikon befriedigten nicht. Zu gross war der Aufwand für die Disposition und die Koordination der Transporte. Für die Egli-Mühlen AG war klar: Es muss eine Lösung für den Bahntransport gefunden werden.

«Doch grenzüberschreitender Bahn­transport ist noch komplizierter als Bahntransport in der Schweiz», erklärt Ruedi Zimmermann. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bahnen und beteiligten Firmen ­klappte nicht wunschgemäss. Zu Beginn kam es immer wieder zu Verzögerungen während des Transports, weil der Lokwechsel in Chiasso und andere Absprachen nicht wie geplant und vereinbart funktionierten. Ent­weder stand keine Lokomotive zur Verfügung oder die Waggons trafen zu spät ein und so weiter. Die Schuld wurde hin- und hergeschoben. Bei mehreren klärenden Gesprächen konnten die Unstimmigkeiten glücklicherweise beseitigt werden. Entscheidend war, dass das italienische Ölwerk die Egli-Mühlen AG unterstützte und sich klar für den Bahntransport einsetzte.


Pragmatische Lösung beim Verzollen


Nächstes Problem war der Zoll. Samstags ist das Zollbüro in Chiasso geschlossen. Weil das Beladen beim Werk bis Freitagmittag dauert, treffen die Waggons erst am Freitagabend nach Schalterschluss ein. Die Waggons hätten also bis Montag warten müssen. Doch auch hier fand Ruedi Zimmermann zusammen mit dem Zollamt eine Lösung. Der Grenzübertritt und die Verzollung finden so unabhängig vom Dienstplan der Zollbeamten statt.

Die Hartnäckigkeit von Ruedi Zimmermann und sein Einsatz für den Ganzzugtransport haben sich gelohnt. «Ich bin zufrieden, wie es ­aktuell läuft», erklärt er. Sein Bestreben ist, dass Rohstoffe, die nicht im Inland beschafft werden können, möglichst aus grenznahen Regionen stammen und wenn immer möglich mit der Bahn transportiert werden. Doch dies bedingt immer wieder neue Ideen, ein gutes Netzwerk und beharrlichen Einsatz.

Ausgezeichnet klimaneutral

Der Transport per Bahn hat bei der Egli-Mühlen AG Tradition und ist der Weitsichtigkeit der Verantwortlichen zu verdanken. Denn nur dank der ausgezeichneten Lage des Egli-Werks direkt an der Bahnlinie Olten – Luzern kann der Bahntransport überhaupt wirtschaftlich betrieben und aufrechterhalten werden. Dank den Bahntransporten sparte die Egli-Mühlen AG im Jahr 2023 zirka 5290 Lastwagenfahrten ein und hat damit über 880 Tonnen CO2-Emissio­nen vermieden. So steht es im Emissionsreporting 2023 der SBB und bescheinigt so den Transporten die Auszeichnung «klimaneutral».
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