Für die Einfuhr von Futtermittel sind die Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) eine wichtige Transportplattform. Auch in der Rohstoffbeschaffung der Egli-Mühlen AG spielen die SRH eine wichtige Rolle. Der grösste Anteil der importierten Getreide und Proteinträger gelangen via Basel nach Nebikon. Egli Fokus unterhielt sich mit Florian Röthlingshöfer, Direktor Schweizerische Rheinhäfen, über die Bedeutung und die Zukunft der Rheinschifffahrt.
Herr Röthlingshöfer, welche Bedeutung haben die Rheinhäfen für die Agrarrohstoffe wie Getreide, Proteinträger und Dünger?
Über die Rheinschifffahrt und die Schweizerischen Rheinhäfen werden 10 Prozent aller Schweizer Importe abgewickelt. Im Bereich Getreide und Futtermittel haben die Häfen einen Anteil von 25 bis 30 % am importierten Volumen in die Schweiz. Beim Dünger liegt der Anteil mit 60 bis 70 % sogar noch höher.
Wie entwickelt sich die Infrastruktur für den Umschlag der Agrarprodukte?
Die im Hafen ansässigen Unternehmen wie Ultra-Brag, Rhenus Alpina, fenaco und Landor haben in den vergangenen Jahren viel in die Infrastrukturen investiert. Der Umschlag von Agrarprodukten (Getreide, Futtermittel, Dünger) sank in den letzten fünf Jahren jedoch um 14 %. Ein Grund für den Rückgang ist das geänderte Einkaufsverhalten der Branche. Grössere Mengen mit kontinentaler Herkunft (Ukraine und Rumänien) werden vermehrt über den Landweg in die Schweiz importiert. Doch die Häfen sind auch sehr gut per Bahn zu erreichen. Die Hafenfirmen engagieren sich daher sehr, dass auch diese Verkehre den Weg in den Hafen finden. Erhöht hat sich dagegen die durchschnittliche Lagerdauer in den Rheinhafensilos, was eine kostendeckende Bewirtschaftung erschwert, auch aufgrund der nicht kostendeckenden Pflichtlagerhaltung.
Welche Konsequenzen hat der Klimawandel für die Rheinschifffahrt und die Rheinhäfen?
Nach den nationalen und auch internationalen Klimamodellen kann es häufiger und über längere Perioden zu ausgeprägten Pegelständen auf dem Rhein kommen, also Niedrigwasser, aber auch Hochwasser. Dies führte dazu, dass die Schiffe weniger laden konnten und sich dadurch die Frachtpreise erhöhten.
Welche weiteren Risiken spielen noch mit?
Die Binnenschifffahrt ist grundsätzlich gut aufgestellt und kann auf Ereignisse auch kurzfristig reagieren. Dies zeigte sich unter anderem beim Bahnunterbruch bei Rastatt (D) 2017, wo die Rheinhäfen die Landesversorgung gewährleisten konnten. Die SRH haben 2019 die Korrektur der Schifffahrtsrinne im Stadtgebiet Basel vorgenommen. Dieses langfristig angelegte Projekt führt dazu, dass Schiffe Richtung Birsfelden und Auhafen Muttenz einen erhöhten Spielraum beim Tiefgang haben und nun bei kritischen Pegelständen rund 300 Tonnen mehr laden können. Damit wird die Erreichbarkeit der südlichen Häfen Birsfelden und Muttenz erhöht.
Hat das Scheitern des Rahmenvertrags mit der EU direkte Konsequenzen für die Rheinhäfen?
Die SRH sind das nationale Handelstor zur Welt. Die Unternehmen in den Rheinhäfen sind weltweit vernetzt und die Europäische Union einer der wichtigsten Handelspartner. Die Rheinschifffahrt ist über einen völkerrechtlichen Vertrag (Mannheimer Akte aus dem Jahr 1868) abgesichert. Die Binnenschifffahrt auf dem Rhein ist frei, ohne Zölle und andere Handelshemmnisse. Die Schweiz setzt sich innerhalb der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt dafür ein, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Es gibt daher für die Hafenwirtschaft keine direkten Konsequenzen, aber sicher Herausforderungen, denen sich die Wirtschaft insgesamt stellen wird.
Wie steht die Basler Bevölkerung und Politik zum Rheinhafen?
Die Bevölkerung des Kantons Basel-Stadt ist mit dem Hafen verbunden, dies hat sie mit dem klaren Ja zum Hafenbecken 3 im November 2020 deutlich gemacht. Die SRH sind Teil der DNA von Basel. Durch den Rhein und das Dreiländereck in Basel, wo die Schweiz, Deutschland und Frankreich zusammenkommen, steht Basel
für Weltoffenheit.
Welche Chancen / Risiken ergeben sich für die Rheinhäfen durch die markante Erhöhung der Schweizer Pflichtlagerbestände für Getreide und Proteinträger?
Grundsätzlich ist es wichtig und richtig, dass die SRH Standort im Sinne der Landesversorgung für Pflichtlagerbestände sind. Gerade durch die hochleistungsfähige Anbindung an den Rhein und das Bahnnetz bieten die Rheinhäfen einen Mehrwert für die sichere Landesversorgung. Die Menge der einzelnen Bestände ist eine Diskussion, die in der Branche geführt werden muss. Die Schweizerischen Rheinhäfen setzen sich jedoch zusammen mit der Vereinigung für Schifffahrt und Hafenwirtschaft (SVS) dafür ein, dass die Häfen als strategisch wichtiger und wirtschaftlich interessanter Standort wahrgenommen werden. Im Rahmen der Umsetzung einer Motion von Ständerätin Eva Herzog, welche eine Stärkung der Schifffahrt auf dem Rhein zum Ziel hat, möchten wir die Frage des Hafens als Pflichtlagerstandort ebenfalls verankern.
Die Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) Die Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) sind die nationale Verkehrsdrehscheibe am Güterverkehrskorridor Rotterdam–Basel–Genua. Eine exzellente Anbindung auf Schiene und Strasse ermöglicht den Transport von Gütern aller Art. Ausserdem sind die SRH als Vollzugsbehörde für internationales, nationales und kantonales Recht im Einzugsgebiet von Basel bis Rheinfelden ebenso zuständig wie für die Grossschifffahrt und Hafengebiete. Die SRH wurden 2008 gegründet und sind eine Anstalt öffentlichen Rechts im Besitz der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Der juristische Sitz befindet sich in Birsfelden (BL). 2008 waren die damalige Rheinschifffahrtsdirektion (BS) und die Rheinhäfen Basel-Landschaft zusammengelegt worden. Grundlage für die Fusion ist ein Staatsvertrag zwischen den zwei Kantonen. Die SRH beheimaten 80 verschiedene Firmen und geben 3 000 Personen Arbeit.