Die Kritik an Futtermittelimporten in unserem Land nimmt kein Ende. Was Kritiker aber oft ausser Acht lassen ist, dass eine Beschränkung auf einheimische Produkte mangels ausreichender Anbauflächen zwangsläufig zu grösseren Lebensmittelimporten führen würde. Sprich, es würde mehr Eier und Fleisch importiert werden. Die hohen Tierwohl- und Umweltstandards in der Schweiz hätten wir somit nicht mehr in den eignen Händen. Dabei kämen auch Produkte auf den Markt, die unter zweifelhaften Bedingungen hergestellt werden. Zugegebenermassen lag 1990 der Schweizer Anteil am Gesamtfutterangebot noch bei 95 %, wobei er 2018 noch 84 % betrug. Zurückzuführen ist das aber auf einen Rückgang in der einheimischen Futtermittelproduktion sowie das Verbot der Verfütterung tierischer Proteine aufgrund von BSE.
Bereits Grosse Bemühungen
2017 beschlossen die Vertreter der Futtermittel-Wertschöpfungskette die Ausarbeitung einer gesamtschweizerischen Strategie zur nachhaltigen Fütterung von Nutztieren. Darauf wurde das Projekt «nachhaltige Futtermittelversorgung Schweiz» von einer breit zusammengesetzten Arbeitsgruppe unter der Federführung des Schweizer Bauernverbandes erarbeitet. Das Projekt beruht auf drei Handlungsachsen: Stärkung der inländischen Produktion von Futtergetreide, verantwortungsvolle Importe sowie Erhalt und Ausbau von alternativen Beschaffungsmöglichkeiten für Futtermittel. All das geht jedoch nicht von heute auf morgen und erst recht nicht zum Nulltarif.
Erklärtes Ziel ist die Verdoppelung der Anbaufläche für Futterweizen auf 20´000 Hektaren. Zwar trug ein Grossverteiler eine dafür geplante Abschöpfung auf den Produktpreis von Eiern und Geflügel zur Förderung des Futterweizenanbaus nicht mit. Die momentanen Verhältnisse auf dem Markt für Brotgetreide und die Nachfolgelösung zum sogenannten «Schoggigesetz» (Bundesgesetz über die Ein- und Ausfuhr von Erzeugnissen aus Landwirtschaftsprodukten) haben jedoch den Anbau von Futterweizen in der Schweiz begünstigt. So stehen 2020 beinahe 100`000 Weizen zur Verfütterung zur Verfügung; letztes Jahr waren es 69`000 Tonnen.
Verantwortungsvolle Importe
Im Rahmen des Projektes wurden insgesamt 47 Importfuttermittel auf die Nachhaltigkeit in ihrer Produktion überprüft. Insbesondere Sojaimporte aus Brasilien, wo für den Anbau Regenwälder abgeholzt werden, verbindet die öffentliche Wahrnehmung mit Futtermittelimporten. Dank den Anstrengungen des Vereins Soja Netzwerk stammen heute aber fast 100 % des in der Schweiz verfütterten Soja aus nachhaltiger, zertifizierter Produktion. Die geltenden Standards verbieten den Anbau von Soja auf Flächen, die nach 2008 gerodet wurden. Zudem importierte die Schweiz 2019 fast die Hälfte des importierten Soja aus Europa, denn hier hat sich die Produktion in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Der grösste Teil des importierten Futtergetreides wird aus grenznahen französischen und deutschen Gebiet in die Schweiz eingeführt.
Verstärkt auf Alternativen setzen
Zur Kraftfutterbeschaffung werden schon heute zu grossen Teilen Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie verwendet, etwa aus der Backmehl- oder Ölherstellung. Über alle Tierarten gesehen bestehen Schweizer Mischfutter im Durchschnitt zu 20 % aus Nebenprodukten aus der inländischen Lebensmittelgewinnung (Nebenprodukte aus ausländischer Lebensmittelgewinnung nicht miteingerechnet) und leisten so einen wesentlichen Beitrag, um die Nährstoffkreisläufe zu schliessen, damit keine Nebenprodukte in einer Biogasanlage entsorgt werden müssen. Auch die Aufhebung des Verfütterungsverbots tierischer Proteine soll geprüft werden. Denn diese wären durch Nebenprodukte aus der Schlachtung in grossen Mengen verfügbar und sehr wertvoll. Diese Nebenprodukte werden aber seit der BSE-Krise zu grossen Teilen in den Öfen der Zementindustrie verbrannt. Auch die Möglichkeiten der Futtermittelbeschaffung, die von Organismen wie Insekten oder Algen ausgehen, sollen gemäss der nachhaltigen Fütterungsstrategie gefördert werden.