Die niederländische Schweinehaltung steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Ab 2030 wird das Schwanzkupieren verboten, eine Praxis, die in der EU bisher häufig angewendet wird, um das gegenseitige Schwanzbeissen bei Schweinen zu verhindern. Zudem folgt bis 2040 das Verbot der Haltung von Sauen im Kastenstand während des Abferkelns. Diese Massnahmen zielen auf eine Verbesserung des Tierschutzes ab, stellen die niederländischen Landwirte jedoch vor erhebliche Herausforderungen.
Aufgrund der strengen Schweizer Biosicherheitsrichtlinien konnte die niederländische Delegation keine Besuche in Schweizer Schweineställen durchführen. Stattdessen präsentierte Elmar Schurtenberger Praxisinformationen aus seinem Zuchtbetrieb.
Schweizer Schweinehaltung: hoher Gesundheitsstandard und Nachhaltigkeit
Dr. Henning Luther von der Suisag präsentierte der niederländischen Delegation einen umfassenden Überblick über die Schweizer Schweinehaltung und deren strikte Vorschriften, welche sowohl Tierwohl als auch Nachhaltigkeit im Fokus haben. Besonders beeindruckt waren die Besucher vom hohen Gesundheitsstandard der Schweizer Schweinebestände. Die Schweiz ist PRRS- und Mykoplasmenfrei, was zu einem insgesamt besseren Gesundheitszustand der Tiere führt. Das Verbot von gentechnisch verändertem Futter sowie die gesetzlich vorgeschriebene Kastration unter Isofluran-Betäubung waren ebenfalls von Interesse, da in den Niederlanden keine Betäubung bei der Kastration vorgeschrieben ist. Stattdessen werden dort rund 50 % der männlichen Schweine gegen Ebergeruch vakziniert und als Eber gemästet, da Eberfleisch als tierwohlfreundlich gilt.
Schweinezucht auf höchstem Niveau
Ein weiteres zentrales Thema des Besuchs war die Schweizer Schweinezucht. Dr. Luther stellte der Delegation das Suisag-Zuchtprogramm vor, das auf die Züchtung leistungsfähiger Sauen abzielt. Diese Zuchtlinien zeichnen sich durch hohe Wurfgrössen und geringe Verluste bei den Ferkeln aus. Die Schweizer Edelschweine und Landrassen werden kontinuierlich weiterentwickelt, um sowohl wirtschaftliche als auch tierwohlorientierte Ziele zu erreichen.
Besonders hervorzuheben ist die genetische Arbeit der Schweizer Zucht in Bezug auf die Resistenz gegen Krankheiten wie E. coli F18 und F4. Durch diese Fortschritte konnte die Krankheitsanfälligkeit der Tiere verringert und die allgemeine Gesundheit der Bestände signifikant verbessert werden. Die Zuchtstation in Sempach, die jährlich rund 3’700 Schweine prüft, spielt eine zentrale Rolle bei der ständigen Optimierung der Zuchtlinien. Dank der genomisch optimierten Zuchtwertschätzung können die besten Tiere bereits frühzeitig identifiziert und gezielt für die Zucht ausgewählt werden.
Der Erfolg der Schweizer Schweinezucht beschränkt sich nicht nur auf das Inland. Die Suisag unterstützt aktiv den Export von Schweizer Edelschwein- und Landrassen-Genetik, insbesondere nach Deutschland und Belgien.
Unterschiedliche Produktionsmassstäbe
Während des Austauschs wurde schnell klar, dass die Schweineproduktion in den Niederlanden deutlich grössere Dimensionen erreicht als in der Schweiz. In den Niederlanden liegt der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch bei 300 %. Es wird also dreimal mehr Schweinefleisch produziert, als im eigenen Land konsumiert wird. Aufgrund der hohen Tierdichte müssen viele Nährstoffe abgeführt werden. Je nach Transportdistanz betragen die Kosten für die Abfuhr der Gülle bis zu 40 Euro pro m³.
Mastschweine werden in der Regel direkt in den Zuchtbetrieben gemästet, und Sauenbestände von über 1’000 Tieren sind eher die Regel als die Ausnahme. Diese Grössenordnungen sind für Schweizer Verhältnisse kaum vorstellbar, wo der Fokus auf kleineren Betrieben mit hohen Tierwohlstandards liegt.
Ein wertvoller Erfahrungsaustausch
Der Besuch der niederländischen Delegation bei der Egli-Mühlen AG in Nebikon bot eine wertvolle Gelegenheit für beide Seiten, voneinander zu lernen. Während die Niederländer unter wachsendem Druck stehen, ihre Schweinehaltung an strengere Tierschutzvorschriften anzupassen, konnte die Schweiz mit ihren bewährten Lösungen im Bereich Tierwohl Gedankenanstösse geben.